Risikobasierter Ansatz im Lieferantenmanagement
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Einführung
Unter einer Vielzahl von Ansätzen im Lieferantenmanagement ist der risikobasierte Ansatz aufgrund der Betonung in den Regelwerken am bedeutendsten. Risikobasiertes Handeln ist dabei nicht nur eine Frage der Konformität mit den Regelwerken, sondern vielmehr eine große Chance, für einen Hersteller, seine Ressourcen auf die Lieferanten und Themen zu fokussieren, die das größte Maß an Wirkung und den größten Beitrag zur Zielerreichung ermöglichen. Dabei sollte auf ein bestehendes Risikomanagement gemäß ISO 14971 zurückgegriffen und dies um Lieferantenmanagement-Spezifika ergänzt werden.
Lösungsansatz
Kriterien im Risikomanagement
In den Risikomanagement-Prozess können die folgend dargestellten Kriterien eingehen, die der Hersteller nach den Spezifika seiner Organisation auswählen und ergänzen sollte:
- Folge des Versagens des zugekauften Produkts (z.B. Fehlerfolge aus FMEA)
- Schweregrad ODER
- Aufgabenpriorität ODER
- Risikoprioritätszahl nach Unternehmensvorgabe
- Herstellprozess beim Lieferant:
- Kritische Prozesse z.B.: finale Verpackung, Label, fertiges Produkt
- Verifizierbarkeit der Prozesse z.B.: Sterilisation, Schweißen, Löten, Kleben
- Produkt-Kategorie:
- Norm-/Standard-Produkt
- nach Vorgabe der Organisation gefertigt
- Komplexität des Produkts / der Baugruppe
- Regulatorische Bedeutung: z.B. Sponsoren, regulatory correspondent
- Qualitätsdaten der Lieferanten aus vergangenen Lieferungen
- Erfahrung des Lieferanten (insbesondere mit Medizinprodukten)
- QMS und Zertifizierung der Lieferanten
- Umsatz und strategische Bedeutung (kommerzielles Risiko)
- Haftung / Versicherung / finanzielle Stabilität (z.B. D&B, Creditreform)
- Single source (Ausfall-Risiko)
Das Risikomanagement ist kein statischer Prozess, der einmal durchgeführt wird, sondern lebt von regelmäßiger Überprüfung. So ändern sich die Produkte, die ein Lieferant herstellt ähnlich wie dessen Umsatz, Zertifizierung oder Versicherungs-Daten. Häufig existieren bereits in einem strategischen Einkauf regelmäßige Abfragen einiger der genannten Daten. Es gilt dies in den Risikomanagement-Prozess zu lenken und die Risiko-Einstufung aktuell zu halten, zum Beispiel in dem aus dem Vergabe-Prozess eine direkte Schnittstelle ins Risikomanagement etabliert wird. Gerade kritische Lieferanten sollten mindestens einmal jährlich neu bewertet werden. Das Risikomanagement dient vielen der folgenden Prozesse als Grundlage und sollte somit sorgfältig durchgeführt werden. Zudem nutzen Behörden und Benannten Stellen das Risiko als Entscheidungsbasis beispielsweise für die Entscheidung, ob ein Lieferant im Rahmen eines Audits oder einer Inspektion von der Behörde zusätzlich zum Hersteller auditiert wird (vgl. NBOG BPG 2010-1 und GHTF/SG4/N84:2010). Wird für einen dort als kritisch betrachteten Prozess (nicht verifizierbar, Sterilisation, Verpacken, Labeln, etc.) beispielsweise „nur“ eine Lieferantenfreigabe auf Basis eines zertifizierten QMS erteilt, ist es wahrscheinlich, dass die Benannte Stelle oder Behörde auch den Lieferanten in ein Audit einbezieht. Dies kann durch angemessene Maßnahmen verhindert werden, die nun folgend beschrieben werden.
Maßnahmen auf Basis der Risiko-Bewertung
Die Maßnahmen des Lieferantenmanagement und deren Umfang orientieren sich am Risiko des zugekauften Produktes und des Lieferanten. Die folgend vorgeschlagenen 5 Stufen stellen einen generischen Vorschlag dar, den jeden Unternehmen auf seine Spezifika anpassen sollte. Zudem sollte in einer Prozessbeschreibung immer die Möglichkeit offen gehalten werden, die Maßnahmen an den einzelnen Lieferanten anzupassen.
- Hochrisiko
- Erhöhtes Risiko
- Moderates Risiko
- Geringes Risiko
- Installation und Instandhaltung
Nach Erfahrung des Autors ist die Güte der Herstell- und Prüfvorgaben von essenzieller Bedeutung. Werden diese Dokumente im Rahmen der Produkt- und Prozessentwicklung sorgfältig erstellt, so kann der Lieferant die Umsetzbarkeit gut bewerten. Die Bemusterung als ein Werkzeug des Lieferantenmanagements auf Grundlage dieser Dokumente ist vergleichsweise einfach durchführbar und es existiert eine eindeutige Basis für eventuelle Reklamationen. Zudem kann die Prozessvalidierung ein geeignetes Mittel sein, hohe Prüfaufwände in der Serie zu vermeiden, beispielsweise, wenn eine Prozessverifizierung zwar möglich, jedoch mit hohem Aufwand und nur mit Dritt-Dienstleistern möglich ist oder die Prüfung den Materialfluss stark behindert. Beispiele hierfür können die flächige Detektion von Fehlern in einem Blechteil mittels Thermographie, die Prüfung eines Kunststoffspritzgussteils oder der Abkantprozess bei Blechen sein.
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Uwe Philippeit
Dozent & Berater für Qualitätsmanagement. Leidenschaftlicher Experte für Lieferantenmanagement, CAPA und Qualitätsvorausplanung (APQP). Liebt Zusammenhänge & das Big-Picture.
Lehrbeauftragter an der DHBW.
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